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HAGEN zu Aiwangers Soforthilfe: Betrügern Tür und Tor geöffnet

In Bayern wächst der Ärger über die Corona-Soforthilfen des Wirtschaftsministeriums. FDP-Fraktionschef Martin Hagen gab dem "Münchner Merkur" dazu das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Sessler.

Grundsätzlich gefragt: Kommt die Corona-Soforthilfe gerade bei den Richtigen an?

Martin Hagen: Viele Betriebe brauchen das Geld dringend – es ist gut, dass die es jetzt endlich bekommen. Allerdings wissen wir, dass es auch massiven Betrug gibt. Mitte Juni hatten wir in Bayern schon 163 Ermittlungsverfahren und eine Schadenssumme von 1,7 Millionen Euro. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt das Verfahren des Wirtschaftsministeriums unter Hubert Aiwanger.

Was meinen Sie konkret?

Es wurde zu wenig geprüft und abgefragt. Die Regierung wollte bis Anfang April weder die Steuernummer noch die Personalausweisnummer der Antragsteller wissen. Das heißt, man konnte ganz leicht Mehrfach-Hilfen beantragen. Es wurde teilweise Geld auf dubiose Konten im Ausland überwiesen. Ein Abgleich mit den Finanzämtern war unmöglich. Auch auf eine Begründung wurde weitgehend verzichtet. Man ist da sehr gutgläubig drangegangen. Aiwanger hat wortwörtlich gesagt: "Wir hoffen, dass uns nur ein kleiner Prozentsatz hinters Licht führt." Diese Vorgehensweise ist natürlich naiv bis fahrlässig, schließlich geht es um das Geld der Steuerzahler.

Waren die Hilfen eine Einladung an Kriminelle, den Staat zu berauben?

Wenn der Staat Geld auszahlt, ruft das natürlich immer auch Betrüger auf den Plan – aber auf so was muss man als Regierung vorbereitet sein. Der Witz ist ja: Die mangelnde Prüfung wurde damit begründet, dass man Wert auf Schnelligkeit legt. Aber noch nicht mal dieses Ziel wurde erreicht, weil der Prozess einfach dilettantisch war.

Was lief noch schief?

Es war ein analoges Verfahren: Anträge wurden handschriftlich ausgefüllt und gefaxt. Dadurch waren viele unleserlich oder unvollständig. Es gab zunächst kein digitales Formular, anders als zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Kein Unternehmen dieser Welt würde im Jahr 2020 so einen aus der Zeit gefallenen Prozess aufsetzen. Dazu wurden die Richtlinien mehrmals geändert. Das hat alles verzögert.

Im deutschlandweiten Vergleich gab es, was man bisher weiß, in anderen Ländern viel größere Betrügereien.

Wenn Bayern einen geringeren Schaden hat, dann liegt es an unserer ehrlichen Bevölkerung. Aber nicht an den guten Prozessen im Wirtschaftsministerium. Im Gegenteil: Kriminellen wurde hier leichtfertig Tür und Tor geöffnet.